Wir suchen voll Vertrauen
In Wales, Großbritannien, habe ich sehr viele christlichen Kirchen kennengelernt, die im ganzen Land ihre Kirchen und Kapellen haben. Besonders Llanfair ist mir in bester Erinnerung. Dort oben auf dem Berg in Südwales hat es im Mittelalter das größte Marienheiligtum gegeben. Sogar von England und Schottland sind die Wallfahrten gekommen. Es war eine Megakatastrophe, als Heinrich der VIII um 1530 diesen Ort zerstören ließ. Es gibt nur mehr die heilige Quelle unten am Berg und eine schöne Marienstatue oben, die Jahrhunderte später errichtet wurde.
An diesem Ort hat ein charismatischer Theologe und Gemeindeleiter mit seiner Frau eine Kirche inmitten von 500 Häusern eine kleine achteckige Kirche errichtet. Es ist tatsächlich der Mittelpunkt auf diesem Berg, auf dem die Ärmsten leben und jene, die es schwer haben im Leben. Zehn verschiedene christliche Konfessionen unterstützen dieses Projekt, auch die Katholische Kirche. Jeden Montag gibt es die sogenannte Nurturgroup, die sich zu einem profunden Bibelaustausch trifft. Ich habe viele Jahre daran teilgenommen.
Warum erzähle ich das? Bei ökumenischen Gottesdiensten haben wir immer zusammen das Vater Unser gebetet. Denn um dieses Gebet geht es heute. Matthäus und Lukas haben uns dieses Gebet überliefert. Bei Lukas bitten die Jünger und sicherlich auch Jüngerinnen Jesu darum, sie beten zu lehren. Sie kannten die Psalmen und die reiche jüdische Gebetstradition. Aber sie wollten mehr. Im heutigen Text lehrt uns Jesus, sich zuallererst dem Vater zuzuwenden – und im tiefsten Herzen können wir auch Mutter denken falls die eigene Beziehung zum Vater nicht gut war. In den ersten drei Bitten geht es um die Beziehung zum Vater und erst dann bitten wir für uns selbst: Um unser Leben, um die seelische Gesundheit und unsere Entscheidungen. Im heutigen Text des Evangeliums geht es nach dem Vater unser um große Worte. Jesus sagt uns: wer sucht, der findet, wer anklopft, dem wird aufgetan, wer bittet, der empfängt. Aber widersprechen sie nicht öfter unserer Erfahrung. Vor kurzem habe ich von jemandem gehört… jetzt beten wir schon so lange um den Frieden, vor allem für die Ukraine, aber das Sterben und Verwüsten geht weiter.
Wir haben einen uns liebenden guten Gott genauso wie wir uns einen guten Vater und eine gute Mutter vorstellen. Das ist Jesu Botschaft, an der er bis zu seinem Tod am Kreuz und auch nach seiner Auferstehung festgehalten hat. Wir empfangen Gottes gute Gaben, aber vielleicht würden wir mehr empfangen, wenn wir mehr suchen, mehr bitten und öfter klopfen würden. Ganz am Ende des heutigen Evangeliums wird als gute Gabe der Heilige Geist genannt. Das ist überraschend. Dieser Geist Gottes hilft uns nicht zu verzagen, auch wenn meine Bitten scheinbar nicht erhört werden.
Lebendiger Gott, unser Gebet mag unbeholfen sein, aber wir suchen dich voll Vertrauen. Deine Liebe bahnt sich den Weg durch unsere Unschlüssigkeit, ja unsere Zweifel. Amen.