Pilger*in der Hoffnung
Natürlich ist der Esel das Tier für den Palmsonntag. Aber heuer im Jahr der Hoffnung, im heiligen Jahr mit dem Motto „Pilger:in der Hoffnung“ ist die Raupe das Tier, das uns etwas zu sagen hat.
Die Raupe zeigt uns, was Geduld heißen kann. Geduldig sein ist nicht sehr cool. Es werden die gehört, die laut sind, vieles mies machen und es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Wut, Protest und Aufregung ist angesagter als Hinhören, Überlegen und sich in den anderen hineindenken. Die Raupe schafft es mit viel Geduld sich fortzubewegen, einen Platz zum Leben zu finden und an einer Futterpflanze dran zu bleiben.
Pilger und Pilgerinnen der Hoffnung brauchen Geduld. Gerade wenn eine lange Wegstrecke, oder ein steiler Aufstieg vor ihnen liegt, ist ein langer Atem, ein gutes Einteilen der Kräfte, notwendig. Wer mit Jesus mitgehen will, wird nicht nur Jubel erleben. Es braucht den Mut, genau hinzuhorchen, was ihm oder ihr das Gewissen sagt, was die anderen brauchen und wo wir gefordert sind, Schwache ernst zu nehmen.
Es kommt eine Zeit des Mutes auf uns zu!, hat ein junger Arzt beim Interview für den queeren Kreuzweg „Zusammen auf*brechen“ gesagt. Trotz der Ausgrenzung durch manche sogenannte Fromme hat er einen inneren Halt im Glauben an Jesus gefunden. Dieser Mut, der aus Geduld wächst, ist heute von uns als Christen und Christinnen immer wieder gefragt.
Die Raupe zeigt mir, dass es in mir und in den anderen ungeheuer große Möglichkeiten der Verwandlung und des Neuwerdens gibt. Wir erleben es als Wunder, wenn aus einer Raupe, die sich schwer fortbewegt und verpuppt, ein Schmetterling wird, der abhebt.
Pilger und Pilgerinnen der Hoffnung ahnen es und vertrauen darauf, dass es auch auf ihrem Weg unglaubliche Ereignisse und Begegnungen geben kann, die sie verwandeln, erneuern und zu einem unver-wüstlichen Vertrauen bewegen. Ein solcher Pilger der Hoffnung war der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer, der vor 80 Jahren im KZ hingerichtet wurde. Er schreibt: Gewiss ist, dass wir immer in der Nähe und unter der Gegenwart Gottes leben dürfen und dass dieses Leben für uns ein ganz neues Leben ist; dass es für uns nichts Unmögliches mehr gibt, weil es für Gott nichts Unmögliches gibt. (aus Widerstand und Ergebung S 573)
Vielleicht erleben wir uns selbst wie hilflose Raupen, die scheinbar ziellos durchs Leben stolpern. Der Weg, den wir heute beginnen und der uns Jesus durch Leiden und Tod ins neue Leben nachgehen lässt, kann uns verwandeln und Mut machen: In uns hat Gott viel mehr hineingelegt als wir glauben und hoffen. Die Zukunft einer herrlichen Freundschaft erwartet uns. AMEN!