Mit Gott ist zu rechnen
Jesu Predigt heute ist klar, aber nicht einfach. Sie ist nicht angenehm und schmeichelt nicht. Das passt auch nicht zu ihm. Es ist eine eindeutige Bußpredigt, die alle zur Umkehr aufruft. Und dabei sprengt er wieder die üblichen Grenzen seiner Kultur und Religion.
Wir kennen das heute auch zur Genüge, dass wir alle in der Versuchung sind, uns in unserer eigenen Blase, Bubble und Echokammer zurückzuziehen und zu bewegen und immer wieder Bestätigungen für unsere eigene Meinung hören wollen. Das trennt uns vom Rest der Welt und kann uns ungerecht machen. Wir erleben das gerade in der Weltpolitik im großen Stil, Desinformation sowohl von Russland als auch von den USA. Angriffe auf die Wissenschaft. Und dann kann daraus eine Sündenbockmentalität entstehen. Leute aus beliebigen Randgruppen werden willkürlich schuldig gesprochen, ausgegrenzt, verfolgt und erniedrigt. Denken wir an die Flüchtlinge, die aus Kriegsgebieten zu uns kommen, oder ganz erschreckend war für mich, was sich bei uns vor unserer Haustür an Hasskriminalität gegen Mitglieder der LGBTQAI+ Community in letzter Zeit ereignet hat. Besonders schlimm ist es für mich, wenn Leute, die sich als besonders fromm und katholisch verstehen genau ins selbe Horn stoßen. Wir setzen als Pfarrverband Zeichen dagegen.
Jesus kritisiert im Evangelium die damalige Vorstellung, die in frommen Kreisen verbreitet war vom sogenannten Tun-Ergehen-Zusammenhang. Wenn ein Unglück passiert, dann müssen die Betroffen irgendwie selbst daran schuld sein, denn Gott ist gerecht, er bestraft die Bösen und hilft den Guten. Jesus protestiert gegen diese menschenverachtende Verkürzung des Gottesbildes. Wir alle haben es nötig uns ständig zu bekehren und uns innerlich auf Gott hin auszurichten und neu zu beginnen.
Gott sei Dank gibt Jesus keine Erklärung ab, warum Unglücksfälle und Katastrophen geschehen. Wir dürfen uns über die Geduld Gottes freuen, der unseren Lebensbaum immer wieder düngt und pflegt.
Mit Gott ist zu rechnen. Aber ich kann ihm nicht meine guten Taten aufrechnen, oder mein Heil berechnen. Seine Geduld und Barmherzigkeit sind unberechenbar.
Die Antwort auf Katastrophen und Terror ist uns in der heutigen Lesung gegeben worden. Gott erscheint dem Mose im Feuer und bekennt sich vor ihm als ein befreiender Gott, der das Elend seines Volkes sieht und herabsteigt. Sein Name, IHWH ist kein Name, aber zeigt sein Wesen, ich bin, der ich bin da.
Elisabeth, unsere Pastoralreferentin, hat das im Sonntagsbrief des Seelsorgeraumes glauben-leben-denken wunderbar ausgelegt.
Die Erklärung von Gottes Namen durch den Satz „Ich bin, der ich bin“ verweist auf seine Bedeutung im Hier und Jetzt und spricht dabei unterschiedliche Aspekte des Gottesnamens an: Verlässlichkeit (Ich bin immer, der ich bin), aber auch Unverfügbarkeit (Ich bin, der ich bin, auch wenn du mich zu verändern versuchst), und vielleicht sogar Unbegreiflichkeit (Ich bin der, der nicht anders erklärt werden kann, als durch mich selbst). Zuletzt lenkt Gott den Blick auf die Zukunft: Dieser Name gilt immer. Auch für die Nachkommen des Gottesvolkes nach Mose wird Gott einer sein, der anrufbar ist, der hört, was sein Volk ihm sagen will. Oft erkennen wir ihn nicht. Wie Mose müssen auch wir innehalten, um zu sehen, wo Gott gegenwärtig ist. Die Fastenzeit ist eine Gelegenheit, bewusst nach seinem Namen in unserem Alltag zu suchen. Wo spüre ich seine Nähe? Wo wünsche ich mir sein Dasein?
Der „Ich bin, der ich bin“ hat Jesus ermutigt uns in befreiender und heilsamer Weise zur Umkehr zu rufen. Haben wir den Mut Vorurteile und allzu leichtsinnige Argumente zu durchschauen und auch gegen den Strom zu schwimmen, damit wir die Früchte bringen, die ein gutes Leben für alle ermöglichen. AMEN!