Unterwegs zum Fest des Lebens
Versammelt das Volk!
Versammelt die Alten!
Holt die Kinder!
Bräutigam verlasse die Kammer!
Braut du das Gemach!
In der heutigen Lesung aus dem Buch Joel hörten wir diese Worte. Es wird alles in Bewegung versetzt. Der Text fordert mich auf, mich zu bewegen. Meinen Platz zu verlassen.
Wozu?
Es tut gut manchmal seinen Platz, seine Gedankenwelt zu verlassen. Man bekommt eine andere Perspektive. Probleme, Situationen und auch das eigene Leben können dadurch besser verstanden werden. Es tut meinem Alltag gut, wenn ich ihn ab und zu verlasse, sei es in einem Urlaub, in einem Gespräch oder nur in einem stillen Moment.
Mit der Fastenzeit beginnt eine Phase der Umkehr und des Innehaltens. Sie lädt uns ein, Gewohntes zu durchbrechen, sei es durch Verzicht oder bewusstes Zeit nehmen für Menschen, Gedanken oder mich selbst.
Dabei geht es aber nicht um ein oberflächliches zur Schau stellen, wie gute Christen und Christinnen ich bin. Der verdorrte Baum im Text zu Beginn sehnt sich nicht nur nach einem Wachsen nach oben sondern auch eines in die Tiefe. Denn ein schön stattlicher Baum mit kräftigen Äste und einer stolzen Krone braucht kräftige Wurzeln, die ihn versorgen. Er benötigt auch einen satten Boden, den wir vielleicht nicht gleich wahrnehmen oder sogar vergessen, wenn wir ihn anschauen, den es aber braucht.
Was macht meinen Boden lebendig? Welche Wurzeln geben mir in meinem Leben Kraft? Welche Rolle spielt Gott? Ist er eine Wurzel? Mein Boden?
Vielleicht finde ich in den nächsten Tagen und Wochen, Antworten auf diese Fragen.
Umkehr – Bewegung – Reflexion – Tiefe … der Aschermittwoch als der Beginn einer inneren Vorbereitung auf das Fest des Lebens - Ostern. Lassen wir uns ewegen?
Bedenke Mensch, dass du Staub bist!
Nicht nur Umkehr und Bewegung spielen heute im Gottesdienst ein Rolle, auch das Thema meiner Endlichkeit. Der heutige Gottesdienst ist gefüllt mit Worten, Bildern und Zeichen unserer Vergänglichkeit. Asche, der Text über den verdorrten Baum, sprechen vom Ende, von kleinen Enden in meinem Alltag oder dem große Ende am Schluss.
Täglich werden wir mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert, auch wenn wir das ignorieren. Wir haben nicht unendlich viel Energie, Geduld und Zeit – merk ich immer wieder. Im Laufe meines Lebens entscheide ich selbst für das, wie ich leben will, oder andere tun es. Es gäbe vermutlich 100 000 Varianten, wie wir unser Leben führen könnten. All diese Entscheidungen, die wir bereits getroffen haben, bringen uns heute genau hierher. Das bedeutet für mich auch Endlichkeit, dass ich nicht alles werden und machen kann. Meine Entscheidung für etwas bedeutet auch eine Entscheidung gegen unzählige andere Möglichkeiten. Dadurch bekommt die Entscheidung einen Wert. Wenn ich sowieso alles machen kann, ist es ja komplett egal, ob ich es jetzt oder in hunderten Jahren mache. Aber dadurch, dass unsere Zeit begrenzt ist, wird sie kostbar. Durch die Endlichkeit in unserem Leben wird jeder Moment wertvoll.
Wenn wir heute ein Aschenkreuz mit den Worten: „Mensch, bedenke, dass du Staub bist“ erhalten, soll es mich daran erinnern, dass meine Zeit begrenzt ist und ich das Beste daraus machen soll. Ich bin nicht unsterblich, unverwundbar oder unfehlbar. Eines Tages wird ein Zeitpunkt kommen, an dem ich keine Entscheidungen mehr treffen werde, dann hoffe ich, dass mir - im Großen und Ganzen - gefällt, wo ich gelandet bin und welcher Baum aus mir geworden ist, welcher Boden mit trägt.
Fastenzeit - eine Zeit, des Innehaltens und Nachspürens, Verzichts und darüber nachdenken, wie es mir damit geht. Den Fragen Raum geben: Nach was Sehne ich mich in meinem Innersten? Wo ist mein Gott? Was tut mir und meiner Seele gut?
Es kann eine Zeit der Umkehr sein. Eine Zeit in der ich mich mit meiner Endlichkeit auseinandersetze, bevor das Fest des Lebens kommt.
Richte mich wieder auf, Gott
der Boden, auf dem ich stehe,
gibt mir wieder Kraft
meine Wurzeln greifen in die Fülle
ich möchte
wachsen
in die Lüfte und in das Erdreich
dir entgegen