Predigt
Unstimmigkeiten

Andrea Lang
Ich bitte unsere Musikerinnen und Musiker kurz nochmals das Eröffnungslied anzuspielen…
sehr schräges Orgel- und Geigenspiel
Was denken sie jetzt? Was ist denn da passiert? Vorhin hat das doch noch anders geklungen…, ja verstimmte Instrumente machen keine schöne Musik, sie müssen hin – und wieder neu gestimmt werden, wenn uns ihre Melodie erfreuen soll.
Ich bewundere jede und jeden MusikerIn, die/der das Ohr dafür hat und diese Unstimmigkeiten sofort heraushört, aber Gott sei Dank gibt es auch ein Stimmgerät, das die Töne wieder in Einklang bringt.
Unstimmigkeiten, Verstimmungen gibt es auch in unserem Leben, ein falscher Ton oder Blick in der Früh, Unzufriedenheit, weil man auf Urlaub verzichten muss, dauernd den eigenen Vorteil im Blick haben, immer im Vordergrund stehen zu wollen, um Anerkennung zu bekommen, ab und zu ein bisserl Neid gegenüber einem Freund, einer Freundin, weil der sich ein neues Auto leisten kann… ja, und wenn doch auch diese Schadenfreude nicht wäre, wenn einer oder einem anderen ein Fehler passiert oder etwas nicht so gut gelungen ist….
Wie klingt mein Leben mit all diesen Verzerrungen, sind die Saiten meiner Seele, meines Lebens da richtig gestimmt oder sind sie vielleicht überspannt oder gar gerissen? Die Frage ist: Was bringt sie wieder ins gleichmäßige Schwingen?
Sehen wir die Fastenzeit als unser persönliches Stimmgerät, die die Melodie unseres Lebens wieder in Einklang bringt.
Doch gestimmte Saiten sind nur der Anfang – wer gut spielen will – da wird mir jede Musikerin und jeder Musiker beipflichten - muss auch üben, üben kann anstrengend sein und oft ist man nahe daran, aufzugeben.
Die Fastenzeit, die wir heute beginnen, könnte Anlass sein, sich zu motivieren und neu damit zu beginnen
Die 40 Tage bis Ostern rufen uns also zur inneren Einkehr. Dazu gehört auch die Frage, wie und wo hat Gott in meinem Leben Platz? Wie steht es um mich? Welches Verhältnis habe ich zu mir selbst, zu meinen Mitmenschen? Welche Gewohnheiten, die ich mir zugelegt habe, sind vorteilhaft und gut, welche stehen mir im Weg und was möchte ich neu und besser machen? Spiele ich noch im Gleichklang mit Gott oder ist mir ausschließlich meine Melodie wichtig?
„Kehrt um zu mir von ganzem Herzen mit Fasten, Weinen und Klagen, zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider und kehrt um zum Herrn eurem Gott!“, war der Beginn in der heutigen Lesung.
Umzukehren zu einem Leben mit Gott, dazu lädt er uns ein. Es wird vielleicht nicht einfach werden und das Üben, sich von Gewohnheiten zu trennen, kann wehtun. Doch wenn wir es wirklich wollen, sollen wir es mit unserem ganzen Herzen tun. Gott lädt uns ein, mit unseren Stimmgeräten auf Entdeckungsreise zu gehen, denn das Leben hat noch viel mehr, viele Zwischentöne zu bieten, als wir kennen und gewohnt sind. Lassen wir uns ein auf diese Entdeckungsreise zu uns selbst.
Wir können entdecken, was in unserem Leben wirklich unverzichtbar ist, wir können entdecken, dass Gott für alle Menschen in jedem Alter und Lebenslage da und in unserer Mitte wirksam ist, wir können entdecken, dass wir verantwortlich sind für unser Tun und Handeln - und was wir dadurch bewirken, wir können entdecken, dass Fasten kein Verzicht sein muss, sondern eine Bereicherung, zur Gottes- Selbst und Nächstenliebe zu finden.
Dieses Entdecken ist ein Vorgeschmack von dem, wohin uns Auferstehung führen will. Unser Üben wir belohnt.
Nehmen wir daher diese Einladung an, ehrlich und gut auf unser Leben hinzuhören und zu schauen.
Ob wir dann das Osterfest glaubwürdig und rein erklingen lassen können, wird dann davon abhängen, wie gut wir unser Instrument Leben gestimmt haben.
Jetzt – nach einer kurzen Stille - sind wir aber neugierig, wie schön ein Lied klingt, wenn alle Saiten gestimmt und fleißig geübt wurde.
Amen