Wir sagen euch an
Wir sagen euch an den lieben Advent… Wenn wir diese Zeile hören, dann klingt in uns ein Lied mit, das ziemlich sicher das bekannteste Adventlied für jung und alt ist. Gerade in der letzten Woche haben es die Kindergartenkinder mit Begeisterung bei der Nikolausfeier gesungen. Mir geht das Singen heuer in den Gottesdiensten stark ab, gerade jetzt im Advent.
Aber dieses Lied, das in der katholischen sowie auch in der evangelischen Kirche im deutschen Sprachraum verbreitet ist, ist nicht unbedingt ein Kinderlied.
Vor 66 Jahren erklang am Heiligen Abend dieses Lied zum 1. Mal in der St. Michaelskirche in Riedhausen in Baden-Württemberg. Dazu wurde eine Kerze nach der anderen - entsprechend den Strophen - entzündet. Die Schwester der Pfarrhaushälterin, die auch im Pfarrhof wohnte, Maria Ferschl hatte den Text verfasst. Sie stammte aus Niederösterreich und war früher Hauptschullehrerin für Deutsch, Geschichte und Singen in Wien gewesen. Vor allem war sie in den 30iger Jahren in der Liturgischen Bewegung von Pius Parsch engagiert und setzte sich für die Liturgiereform in der katholischen Kirche ein. 1954 hat sie den Text verfasst und im selben Jahr hat der Mainzer Kirchenmusikdirektor Heinrich Rohr den Text vertont. Auch er war Zeit seines Lebens in der Liturgischen Bewegung aktiv und unter seiner Mitwirkung wurde 1975 das erste Gotteslob herausgegeben, das gemeinsame katholische Gebet- und Gesangbuch für den deutschsprachigen Raum.
Der Aufbau des Liedes gibt ganz den Inhalt wieder. Advent mit allen Facetten ist das Thema. Für jede Kerze am Adventkranz, für jeden Sonntag im Advent gibt es eine Strophe. Jede Strophe beginnt mit denselben Worten, mit einem Weckruf, mit einer Ansage, mit der Ansage des Advents und mit dem Verweis auf die Kerzen. Gerade in den Jahren nach dem Krieg ist in den katholischen Kirchen der Adventkranz heimisch geworden ist.
Der Mittelteil jeder Strophe – musikalisch die Wiederholung der Ansage des Advents – schafft es, was kaum einem Prediger gelingt: Die charakteristischen Stellen der biblischen Lesungen des jeweiligen Adventsonntags in ein, zwei Sätzen zusammen zu fassen:
- Wir sagen euch an eine heilige Zeit. Machet dem Herrn die Wege bereit.
- So nehmet euch eins um das andere an, wie auch der Herrn an uns getan.
- Nun tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Nacht hinein.
- Gott selber wird kommen, er zögert nicht. Auf, auf ihr Herzen, und werdet licht.
Es sind also nicht irgendwelche frommen Gedanken, sondern Bibelzitate aus der alten, vorkonziliaren Leseordnung.
In der 1. Strophe wird uns mit dem: Machet dem Herrn die Wege bereit! Johannes der Täufer vorgestellt, der einen Vers aus dem Jesajabuch mit neuem Leben erfüllt. Bei Jesaja 40, 3 lesen wir: Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott. Jedes Jahr neu ist der Advent die Zeit, die Straße, den Zugang für Gott freizuhalten und frei zu räumen.
In der zweiten Strophe wird aus dem Römerbrief des Paulus zitiert. Bevor sich Paulus von der Gemeinde am Ende des Briefes verabschiedet, baut er sie nochmals moralisch auf und schreibt: Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes. Röm 15,7
In der dritten Strophe, dem heutigen Sonntag Gaudete, der Vorfreude auf Weihnachten entsprechend, wird der Philipperbrief zitiert: Eure Güte werde allen Menschen bekannt. (Phil 4,5)und mit den natürlichen Gegebenheiten des Winters und den Lichtbräuchen der Adventzeit verknüpft: Nun tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt hinein.
In der vierten Strophe wird wieder das Prophetenbuch des Advent zitiert, Jesaja (Jes 60): Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir. Es ist die Lesung, die wir dann am Fest der Heiligen drei Könige nochmals gegen Ende der Weihnachtszeit hören.
Dieses populäre Adventlied „Wir sagen euch an“ ist ein Schnelldurchgang durch die Lesungen der Adventsonntage und kann anregen neu hinzuhören, was uns jedes Jahr verkündet wird, und vielleicht die Bibel selber zur Hand zu nehmen. Sie ist ein Glaubensschatz und ein Proviant der Hoffnung.
Jede Strophe gipfelt im Refrain. Dieser ist wieder ein Anklang an einen Bibelvers passend zum 3. Adventsonntag: Gaudete. Er ist inspiriert vom Philipperbrief, in dem Paulus an seine Lieblingsgemeinde schreibt: Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe! Und aktuell für dieses Jahr können wir noch einen Vers dazu lesen, der nicht im Lied anklingt: Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! (Phil 4,7). Das ist Advent. Da klingt es nach Hoffnung und Freude. AMEN!