Breiten wir unsere Schmetterlingsflügel aus!
Ist Ihnen bei unserem letzten Pfarrblatt etwas aufgefallen? Das Titelbild hat einige angeregt, andere aufgeregt! Was macht eine Raupe auf Seite 1?
Die Raupe steht für Verwandlung. Jede Raupe hat ein großes Verspechen in sich, ob sie es weiß oder nicht. Nicht dieses mühsame Herumkriechen ist ihre letzte Bestimmung, sondern eine ganz andere Dimension des Daseins erwartet sie. Als Schmetterling wird sie sich in die Lüfte erheben.
Der Schmetterling, die verwandelte Raupe, die sich dann verpuppt hat und aus der toten Hülle geschlüpft ist, ist ein Bild für die Auferstehung Jesu, ein Bild für Ostern.
Im Altgriechischen heißt Schmetterling „Psyche“, was soviel wie Hauch, Atem und Seele bedeutet. Die Schmetterlinge wurden als Verkörperung der menschlichen Seele gesehen. Darum hat schon der Kirchenvater Basilius der Große im 4. Jahrhundert den an der Auferstehung zweifelnden Christ:innen in Cäsarea gepredigt: „Denkt an die Verwandlung dieses Tierchens (des Schmetterlings) und erkennt darin einen deutlichen Fingerzeig.“
Wer aufmerksam alte Grabkreuze aus dem 19. Jh. oder auch ältere betrachtet wird auch dort immer wieder Schmetterlinge als Auferstehungssymbole finden.
Eine besondere Geschichte zu dieser symbolischen Darstellung hat sich vor ein paar Jahren in Regensburg ereignet. 1991 wurde ein gotisches Kruzifix aus dem ehemaligen Schottenkloster restauriert. Dabei kam es zu einer sensationellen Entdeckung. Der Restaurator entdeckte am Hinterkopf des Gekreuzigten eine grüne Schnur. Als er daran zog, öffnete sich eine Luke zu einem kleinen Hohlraum. Dort drinnen lag ein Lederbeutel und in dem Lederbeutel kam ein bunter Schmetterling zum Vorschein, eine feuervergoldete Emaille-Arbeit aus Silber. - Dazu darf ich ein Bild austeilen! - Der Künstler hat auf den Flügeln des Schmetterlings die Kreuzigung Jesu dargestellt mit Maria und Johannes unter dem Kreuz. Der kostbare Schmetterling hat auf der Rückseite einige kleine Fächer, um Reliquien aufzubewahren. In der Mitte war ein Partikel vom Kreuz Christi hinterlegt. Eine tolle Idee, dieses Auferstehungssymbol Schmetterling dem Gekreuzigten in den Hinterkopf zu legen. Das neue Leben, das wie ein Schmetterling ist, ganz bunt und frei, das ist das Geheimnis des Gekreuzigten. Diese Hoffnung hat der Gekreuzigte im Hinterkopf durch sein Gottvertrauen.
Wenn wir heute Ostern feiern, dann dürfen wir diese Hoffnung auf ein neues, buntes, ungeahntes Leben selbst im Hinterkopf haben.
Dem bekannten deutschen Autor Heinrich Böll wird der Satz zugeschrieben: „Wenn die Raupen wüssten, was einmal sein wird: sie würden ganz anders leben: froher, zuversichtlicher und hoffnungsvoller.“
Genau das war die Absicht auf der Titelseite der Osterausgabe unseres Pfarrblatts. Jetzt im Heiligen Jahr mit dem Motto „Pilger:in der Hoffnung“ ist die Raupe auch für dieses Pilgersein ein aussagekräftiges Symbol. Oft denken wir von uns selbst zu klein und stolpern wie eine hilflose Raupe durchs Leben. Gott hat in uns aber ungeahnte Möglichkeiten hineingelegt. Das ist unser Glaube. Das ist unser Geheimnis. Aus diesem Glauben dürfen wir hoffnungsfroh handeln als österliche Menschen.
Auf unserer Osterkerze, die wieder die Künstlerin Esther Zimmermann-Kotnig gestaltet hat, finden wir diese Pilgerin der Hoffnung wieder. Die Raupe, die sich am Hoffnungsanker festmacht hat, verwandelt sich - mit dem Kreuz Jesu verbunden - zum Schmetterling. Erkennen wir in diesen Zeichen, Bildern und Gedanken die Freude über die Liebe Jesu, die uns Mut machen und erneuern will. Ein Leben in Freiheit und Freude eröffnet sich uns durch Ostern und wartet darauf, dass wir unsere Schmetterlingsflügel endlich ausbreiten. Amen! Halleluja!